Galerie Cavour – Piazza Camillo Benso Conte di Cavour – Padua
Samstag, 17. Juni 2017, 18.30 Uhr
Anlässlich der Eröffnung der persönlichen Ausstellung des Künstlers Bra wird der Kritiker Philippe Daverio am Samstag, den 17. Juni ab 18.30 Uhr in der Galerie Cavour in Padua anwesend sein.
So definiert der bekannte Kunsthistoriker das Werk des Malers:
Der besondere Fall der Bildwerke und Zeichnungen von Fabio Brasiliani wurde von Kritikern schon seit 1886 erwartet, als der schottische Schriftsteller Robert Louis Stevenson in London „Strange Case of Dr Jekyll and Mr Hyde“ veröffentlichte, das auf einer Science-Fiction-Hypothese basierte, die tatsächlich bestätigt wurde durch eine Reihe paralleler Untersuchungen, die die Neugier der europäischen Kultur am Ende des Jahrhunderts unternahm. Stevenson wusste es nicht, aber er verfolgte einen ähnlichen Weg wie Doktor Sigmund Freud in denselben Jahren in Wien. Seitdem ist bekannt, dass die Psyche zeitgenössische und unterschiedliche Sprachen hervorbringt, die jedoch die gleichen widersprüchlichen Geheimnisse der Persönlichkeit enthalten.
Aus dieser Sicht ist Fabio Brasiliani ein faszinierendes Beispiel für ein künstlerisches Labor. Das liegt daran, dass er sein Abenteuer mit einer Charaktertatsache beginnt, die ein Großteil der zeitgenössischen Kunst offenbar verdrängen möchte, weil sie zu diskriminierend ist. Sein Ausgangspunkt ist das natürliche Talent, sich unerwartete Bilder auszudenken und über eine angemessene und außergewöhnliche bildnerische „Manualität“ zu verfügen, um diese Bilder auszuführen. Für ihn ist das Zeichnen unmittelbar und niemals schmerzhaft. Die Komposition der Bilder ist gleichermaßen unmittelbar und mühelos. Hier taucht er mit äußerster Leichtigkeit in die Erfindungen einer langen Karriere als „Illustrator“ für die Welt der Werbung ein. Auch hier gelingt es ihm ohne Bedenken große Bleistiftzeichnungen anzufertigen, die durch ihr Können überraschen. Dies ist die offizielle und berufliche Phase des ernsthaften Doktor Jekyll.
Mr. Hyde ist die unerwartete andere Seite seines visionären Charakters. Und es ist das der Malerei. Wir wissen, dass Malerei Materie und Zeichnung Form ist. Es ist bekannt, dass die beiden Praxen auf gekreuzten Gleisen verlaufen. Aber von da an vorherzusehen, welche Kraft die Malerei annimmt, nachdem man die höfliche und ironische Aufmerksamkeit der illustrativen Werke gesehen hat, sowohl der gezeichneten als auch der mit der digitalen Mechanik der Elektronik komponierten, ist der Weg völlig unerwartet. Und es ist überraschend. Es ist insofern überraschend, als das Gefühl der Befreiung, das durch die Bildgeste, durch die Aufladung, die sie dem Material, dem Farbfleck verleiht, angeregt wird, unmittelbar zum Vorschein kommt. Wenn die Zeichnung es erzählt, lebt das Gemälde. Wenn Zeichnen Können ist, ist Malen Leidenschaft.